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Designed for Recycling

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„Mit ‚Design for Recycling‘ denken wir von Anfang an konsequent ans Ende – und darüber hinaus.“

Was bis vor wenigen Jahren noch als technisch kaum realisierbar galt, entwickelt sich nun zu einer zentralen Anforderung: Fahrzeuginnenraumoberflächen, die den Komfort, die Ästhetik und das Markenerlebnis prägen, müssen in Zukunft nicht nur funktional, sondern auch kreislauffähig sein. Im Zuge der EU-Initiative zur Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Automobilproduktion wird ihre Wiederverwertbarkeit, Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit zunehmend entscheidend – ein Aspekt, der die Industrie vor große Herausforderungen stellt.

Continental hat sich dieser Aufgabe angenommen und arbeitet intensiv daran, Innenraumoberflächen zirkulär zu gestalten. Ein Gespräch mit Christoph Seeger, Vice President Automotive Interior, und Dr. Manfred Jahncke, Director Development EMEA, bei Continental Surface Solutions über aktuelle Entwicklungen und die Zukunft der Innenraumoberflächen.

Christopher Seeger

In nahezu jedem Lebensbereich begegnen uns die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Wie äußern sich diese im Bereich Fahrzeug­innen­raum­oberflächen?

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Christopher Seeger: Die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks ist für uns als Gesellschaft und als Unternehmen nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch ein zukunftsweisendes Thema mit viel Potenzial für Innovation. Ein Thema, das in Zeiten globaler Herausforderungen wie internationalen Handelskonflikten und wirtschaftlicher Unsicherheit nicht von der Tagesordnung verschwinden darf und wird. Das gilt – wie für alle Bereiche bei Continental – auch für das Segment Automotive Interior im Geschäftsfeld Surface Solutions. Kreislaufwirtschaft in der Produktion von Fahrzeuginnenraumoberflächen treibt uns an und beschäftigt uns sehr – denn die Bedeutung der Innenraumoberflächen endet nicht mit dem Lebenszyklus des Fahrzeugs. Zum einen gibt uns die Politik die Leitplanken vor, wie Automobile möglichst rohstoffschonend hergestellt und nach ihrer Nutzung wieder in einen wiederverwendbaren Stoffkreislauf überführt werden können. Zum anderen wächst das Interesse der Endkunden an grünen Lösungen kontinuierlich.

Denn Insassen fühlen sich in einem Fahrzeuginnenraum wohler, wenn sie wissen, dass sie einen positiven Beitrag zur Umwelt leisten. Wir stecken daher viel Energie in die Lösung der hochkomplexen Fragestellungen rund um dieses Thema.

 

Was macht das Thema so hochkomplex?

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Manfred Jahncke: Fahrzeuginnenraumoberflächen bestehen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Bauteile in vielfältigen Ausführungen. Um die hohen Ansprüche bezüglich Performance, Langlebigkeit, Oberflächendesign und Haptik zu erfüllen, werden diese Bauteile in aller Regel aus verschiedenen Materialklassen zusammengesetzt. Sehr häufig sind es Verbundstoffe aus den unterschiedlichsten Polymertypen. Diese am Ende des Lebenszyklus wieder zu trennen und in den Recyclingprozess zurückzuführen ist sehr anspruchsvoll und heißt, vieles auf den Kopf stellen und neu denken zu müssen. Hier setzen wir an, um Produkte und Lösungen zu entwickeln, die von vornherein auf Kreislauffähigkeit ausgelegt sind. Das schien zwar vor wenigen Jahren noch eine fast unlösbare Aufgabe; wir glauben aber fest daran, den Status quo hinterfragen zu können. Sind Komponenten dem Recyclingprozess zugeführt, besteht eine weitere Herausforderung darin, die Rezyklate in gleichbleibend hoher Qualität bereitzustellen. Das haben wir inzwischen bereits bei zahlreichen Produkten gemeistert.

 

Und wie soll die Kreislauffähigkeit nun erreicht werden?

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Seeger: Die Kreislauffähigkeit erfordert eine strikte Kontrolle und Optimierung sämtlicher Prozesse über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Das beinhaltet auch die Neuausrichtung von Materialauswahl, Produktionsprozessen und Recyclingstrategien. Mit dem „Designed-for-Recycling“-Konzept wollen wir dem gerecht werden und versuchen, sämtliche Materialströme umfassend zirkulär zu betrachten.

Wie sieht dieses Konzept denn im Detail aus und ist es schon umsetzbar?

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Jahncke: Unsere Strategie basiert grundsätzlich auf der sogenannten 3-R-Regel: Reduce, Reuse, Recycle. Ziel ist es also, den Einsatz von fossilen Rohstoffen zu minimieren und im selben Maße den Anteil an Rezyklaten zu erhöhen – ohne jegliche Einbußen bei den einzelnen Produkteigenschaften. Dies gelingt uns, wenn wir Rezyklate aus allen Bereichen des Lebenszyklus der Kunststoffkomponenten miteinbeziehen, also sowohl Ausschussware und Folienabfälle aus der Produktion, sprich das Post-Industrial-Recycling, als auch Rezyklate aus anderen Quellen, also aus dem Post-Consumer-Recycling.

Um kreislauffähig zu sein, gehen wir mit Designed for Recycling allerdings noch einen Schritt weiter: Wir setzen nach Möglichkeit auf sortenreine Verbünde – Monomaterialien – die uns ermöglichen, daraus wiederum Rohstoffe für unsere Produkte zu generieren und die das gemeinsame Recycling von Komponenten am Ende ihrer Nutzungsdauer erleichtern. Mit Designed for Recycling bei Fahrzeuginnenraumoberflächen denken wir also von Anfang an konsequent ans Ende – und darüber hinaus. Zudem sind wir der Überzeugung, dass ergänzend zum Designed for Recycling auch das Chemical Recycling von Kunststoffen über Rückführung in ihre chemischen Bausteine, als Teil zirkulärer Prozesse anerkannt sein sollte. Nur so kann die Menge an Kunststoffabfällen signifikant reduziert und der Anteil an zirkulären Quellen für die Herstellung neuer und qualitativ hochwertiger Produkte verlässlich erhöht werden.

Seeger: Das ist durchaus auch im Bereich Fahrzeuginnenraumoberflächen umsetzbar, wenn auch mit Hürden. Was es dazu aber braucht, sind zwei Dinge: Es braucht weitere Forschung und ganz besonders Entwicklung in diesem Feld. Continental ist bereits auf einem guten Weg zur Realisierung und hat schon jetzt beachtliche Erfolge erzielt, befindet sich aber auch in einem stetigen Lernprozess. Um mehr Nachhaltigkeit bei Fahrzeuginnenraumoberflächen in die Anwendung zu bringen, braucht es zudem Partner, die gemeinsam an einem Strang ziehen: Vorlieferanten, uns als Hersteller der Oberflächen und die Automobilhersteller, die darauf setzen und erkennen, welches Potenzial darin steckt. Das gemeinsame Ziel muss es sein, in die Industrialisierung zu kommen.

Manfred Jahncke

Was macht Continental denn zum richtigen Partner?

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Jahncke: Unsere Stärke liegt unter anderem in unserer Materialkompetenz und unserem interdisziplinären Team. Bei Continental sitzen nicht nur hochprofessionelle Chemikerinnen und Ingenieure, die wissen, was diese Materialien können, wie sie rezeptiert und aufgebaut sein müssen und welche Klebstoffe man einsetzen muss, um das Bauteil nach der Nutzung möglichst effizient recyceln zu können. Wir haben mit einem bereichsübergreifenden Nachhaltigkeitsmanagement auch die Kompetenz im Haus, Prozesse ganzheitlich zirkulär zu denken und zu planen. Dass wir bereits kohlenstoffneutrale Folien auf den Markt gebracht haben, ist nur ein Beweis hierfür. Und wir sind stolz darauf, dass wir auch heute schon Folien und Kunstleder anbieten, die einen Anteil von über 90 Prozent aus nicht fossilen Rohstoffen enthalten.

Seeger: Am besten lässt sich das für Kunden als One-Stop-Shop beschreiben. Wie Manfred Jahncke bereits erläutert hat, verfügen wir über eine umfassende Forschungs- und Entwicklungskompetenz von Oberflächenmaterialien für jeden erdenklichen Einsatz im Innenraum: auf Instrumententafeln, Mittelkonsolen, Sitzen, Türpanelen, am Boden oder am Fahrzeughimmel.

Wir sind darüber hinaus im Thema Design – Farbe, Druck, Optik und Haptik – zu Hause und können unseren Kunden Produkte und Lösungen für sämtliche Einsatzbereiche und Anwendungsfelder von Innenraumoberflächen bieten. Denn die Wahrnehmung und das Erleben der Fahrzeuginnenräume werden zunehmend wichtiger für die Differenzierung von Automobilherstellern. Und dann ist da noch unser Technical Consulting: Hier führen wir sämtliche Entwicklungs- und Produktionsschritte zusammen und bieten unseren Partnern ein Center of Know-how an, wenn es um Produkt- und Prototypenentwicklung und Produktionsplanung oder -steuerung geht. Unser Technical Consulting arbeitet eng mit Vorlieferanten zusammen, führt Verarbeitungsversuche durch und dient als Schnittstelle für alle Beteiligten. Wie müssen Produktionsanlagen bestenfalls konfiguriert sein? Wie lässt sich Ausschuss minimieren? Wie muss ein Kleber appliziert werden, damit ein Bauteil am besten funktioniert? All diese Fragen beantwortet unser Technical Consulting.

Circularity Concept for Automotive InteriorInfografik in Originalgröße herunterladen

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer kreislauffähigen Produktion von Innenraumoberflächen?

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Jahncke: Obwohl wir bei Continental schon große Fortschritte in Sachen Materialforschung und kreislauffähiges Potenzial unserer Oberflächenfolien gemacht haben, stehen wir noch vor erheblichen Herausforderungen. Zum einen ist bei den regulatorischen Vorgaben schnellstmögliche Klarheit gefordert. Es ist entscheidend, dass die EU klare Rahmenbedingungen für alle Akteure schafft, damit wir maximale Zirkularität in der Automobilproduktion erreichen können. Gleichzeitig müssen wir weiter in die Forschung und Entwicklung investieren. Den nächsten Schritt wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern gehen.

Seeger: Gleichzeitig müssen wir realistisch bleiben. Wir – und damit meine ich alle Akteure in der Wertschöpfungskette, also Vorlieferanten, Zulieferer, Hersteller und Handel – müssen dem Markt klarmachen, dass Kreislauffähigkeit ihren Preis hat. Wir haben uns alle auf die Fahne geschrieben, mehr zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu tun, und wir wissen alle, dass das nicht zum Nulltarif zu haben ist. Deshalb muss es uns gelingen, mehr Recycling und mehr Nachhaltigkeit im Automobil als echten Mehrwert zu positionieren. Das gilt ganz besonders im Bereich Fahrzeuginnenraumoberflächen. Denn wo, wenn nicht hier, sind Insassen enger mit dem Fahrzeug verbunden als mit der Hand am Steuer und mit ihren Sinnen das Auto tastend, fühlend und riechend.

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